2005 – Where You Live Tour – November 26, 2005, Cologne / Köln, Palladium

REVIEWS

  • Leise Töne für die Revolution – By: THORSTEN KELLER, KSTA.de, 28.11.05, 07:03h

Kuschelfolk, rockig angespitzt: Tracy Chapman im Kölner Palladium.
Bekanntmachung Nummer eins: „Die Künstlerin bittet sie, während der Veranstaltung nicht zu rauchen.“ Bekanntmachung Nummer zwei: „Die Künstlerin erlaubt keinen Service während des Konzerts.“ Ja ja, Tracy Chapman ist überempfindlich gegen Zigarettenqualm und soziale Ungerechtigkeit – und Bierthekengeräusche, die womöglich ihre leiseren Lieder überlagern, kann sie auch nicht leiden.

Soweit bedient Chapmans Auftritt im gut gefüllten Kölner Palladium zunächst alle Klischees: Konzerte der US-Sängerin sind eine ernste Sache, das Publikum soll gefälligst ihren Botschaften lauschen und sich nicht über Gebühr amüsieren. Berühmt geworden ist Tracy Chapman mit ihrem Debütalbum aus dem Jahr 1988, und für die Hits dieser Platte („Baby Can I Hold You“, „Fast Car“, „Talkin’ About A Revolution“) gibt es im Palladium den meisten Applaus.

Doch weil diese Mixtur aus Protestsong und Kuschelfolk alleine kaum abendfüllend wäre, hat Chapman ihren Sound weiterentwickelt – mal elektrifiziert und rockig angespitzt („Telling Stories“), mal zur kargen Blues-Miniatur zurückgeschnitten. Chapmans dunkle, charismatische Stimme ist wandlungsfähig genug für diese Expeditionen, auch wenn eine nostalgisch gestimmte Fangemeinde ihr dabei nicht immer folgen mag.

Auf ihrer Deutschlandtournee greift Chapman zudem in die Wundertüte mit den unerwarteten Coverversionen. Hat sie in Berlin noch Nirvanas „Come As You Are“ als Zugabe gespielt (angeblich sogar ziemlich rabiat), so verblüfft sie in Köln mit dem „Love Song“ von The Cure. Dazu passt diese Selbstauskunft, ebenfalls wider alle Tracy-Chapman-Klischees: Am Vorabend der Show hat sie mit ihrer Band einen Kölner Weihnachtsmarkt besucht, Glühwein getrunken und für gut befunden.

  • Wieder von der Revolution erzählt – By: DAVID ZIEGELMAYER, Kölnische Rundschau, 27.11.05, 21:06h

KÖLN. Weit über 3500 Menschen zum gespannten Schweigen zu bringen, ist schwierig genug. Tracy Chapman gelingt das, ohne das Publikum im Palladium dazu aufgefordert zu haben: Spätestens bei „Behind the Wall“, vorgetragen ganz ohne musikalische Begleitung im Lichtkegel eines einsamen Scheinwerfers, verschlägt es den Konzertbesuchern die Sprache.
Die enorme Wirkung der 41-jährigen Songwriterin geht auf die schlichte Inszenierung ihrer Werke zurück. So kommt sie mit zwei Begleitmusikern Joe Gore (Gitarre) und Quinn Smith (Schlagzeug) und ganz ohne technische Tricks und Spielereien auf der riesigen Bühne aus. Wichtiger als derlei Firlefanz sind Chapman der vor der Halle angebrachte Musikwunschzettelkasten für die Fans und Anekdötchen aus dem Touralltag: „Gestern hatten wir einen schönen, aber kalten Abend in eurer Stadt. Dann gab es diesen Glühwein – irgendetwas war da drin, das uns ordentlich aufgeheizt hat“, schwärmt sie und macht sich weiter an die Herzerwärmung der Fans. Die gelingt vor allem bei den Stücken von jenem Album mit dem schlichten Titel „Tracy Chapman“.

Das Debütwerk ist auch nach fast 20 Jahren Dreh- und Angelpunkt von Chapmans Karriere, die beim Auftritt im Londoner Wembley-Stadion zu Ehren von Nelson Mandela ihren so nicht erwarteten Startschub erfuhr. Während anderen Musikern ihre Durchbruchs-Songs zuweilen peinlich sind, trägt Tracy Chapman etwa „Talkin bout a Revolution“ mit gehörigem Stolz vor sich her, was der stillen Widerstandshymne auch heute noch gut bekommt.

Weniger pathetisch und etwas schwerer verdaulich kommen dagegen die Songs der neueren Alben daher, die mitunter erdiger und düsterer klingen. Dazu passt die Zugabe mit einem Cover des Gruftie-Rock-Klassikers „Lovesong“ von „The Cure“, das man glatt für ein Chapman-Stück halten könnte. Bei „Baby can I hold You“ verwünscht sich dann jeder, der den Konzertsaal solo betreten hat. Da ist man versucht, plötzlich die Hand wildfremder Nachbarn zu ergreifen.

VENUE: Palladium, Schanzenstraße 40, Mülheim, Cologne, Nordrhein-Westfalen, 51063 (Capacity: 4 000)
OPENING ACT: Cherif Mbaw

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