2006 – Where You Live Tour – June 16, Hamburg, Stadtpark

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REVIEWS

  • Tracy Chapman trägt im Stadtpark den Blues nach Afrika zurück – By: welt.de, Mo, 19. Juni 2006

Manchmal ist der einzige Vorteil eines Open-air-Konzertes die frische Luft anstelle verqualmten Clubdunstes. Bei Tracy Chapmans Clubkonzerten ist das Rauchen sowieso verboten – dennoch machte der Marsch in den Stadtpark am vergangenen Freitag trotz drohender Gewitterwolken Sinn und vor allem Spaß. Unter freiem Himmel nämlich gibt die scheue Amerikanerin tatsächlich die etwas anderen Konzerte. Da hellt sich ihre Miene auf, da schafft sie es zuweilen bis zum breiten Lächeln und gönnt ihren wunderbaren Songs Bearbeitungen, die von der gelinden Überraschung bis zum witzigen Gimmick reichen.

“Another Sun” etwa, schon in der Studioversion eher spartanisch orchestriert, stellte Tracy Chapman beinah vollständig skelettiert zur Betrachtung auf die Bühne, den Grundfesten des Liedes entragte nur noch die Stimme der Artistin, die sich langsam unter die Haut ihrer Zuhörer krallte. So intensiv entrückt und doch solide kraftvoll singt seit nunmehr 18 Jahren, als sie in Londons Wembley Stadion beim Konzert zum Siebzigsten des damals noch inhaftierten Nelson Mandela “Talking ’bout A Revolution” sang, niemand außer Tracy Chapman. Ein ähnlich eingeschworenes Publikum ist heutzutage auch eher selten, wenngleich die deutsche Fangemeinde zu ihren kleinsten zählt. Doch sie könnte wachsen. Anders nämlich als noch vor 15 Jahren ist Tracy Chapman längst nicht mehr das unnahbare, verschüchterte Ding auf dem Barhocker im trüben Licht, Gesicht gen Boden, an die Gitarre geklammert.

Im Stadtpark jedenfalls durfte auch getanzt werden, als Tracy und ihr Begleittrio den Blues nach Afrika zurücktrugen und die Sängerin sich ganz vorn zu “Miracle” als famose Trommlerin erwies.

Nach “Talking ’bout A Revolution”, “Gimme One Reason” und einer kruden Version von Metallicas “Enter Sandman” endete ein schöner, wenngleich nicht gerade ausgedehnter Abend. Man hätte am Ausgang gleich die Tickets fürs nächste Jahr verkaufen können. kru

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  • Gewohnt emotional und authentisch – By: abendblatt.de, erschienen am 19. Juni 2006

Tracy Chapman: Die Singer/Songwriterin aus Ohio trat im Hamburger Stadtpark auf. Sie stellte ihr neues Album vor – und gab natürlich ein paar sozialpolitische Statements.
Von Antje Harders

Hamburg – Wenn sie auf die Bühne tritt, ist das Wetter egal: Nur mit einer Gitarre bewaffnet, steht sie da wie damals 1988, als sie beim Nelson-Mandela-Tribute-Konzert für Stevie Wonder einsprang: eine aus dem Volk, unauffällig, aber mit einer umwerfenden Live-Stimme. Gewohnt emotional und authentisch sang Tracy Chapman auf der Freilichtbühne im Hamburger Stadtpark Songs ihres jüngsten und siebten Studioalbums “Where you live”.

Auch wenn sich wohl manch einer vergeblich auf ein sommerliches Kuschelkonzert auf der Wolldecke gefreut hatte: Tracy Chapman verströmte mit ihrer Stimme Wärme.

Ruhig und entspannt gab sich die 42jährige Singer/Songwriterin aus Ohio. Zwar verkaufte sich schon “Let It Rain”, von Chapman nach fünf Jahren Kreativ-Pause 2002 veröffentlicht, nicht mehr so gut wie seine Vorgänger, aber schließlich muß sie nach vier Grammys und mehr als 35 Millionen verkauften Tonträgern niemandem mehr etwas beweisen.

Sozialpolitische Statements aber gibt sie noch immer: “Wir dachten, wir könnten unseren Präsidenten selbst wählen. Ihr wißt, daß das nicht geklappt hat, aber es ist bald vorbei”, sagt Chapman und spielt darauf an, daß Bush nach seiner zweiten Amtszeit keine weitere Chance auf eine Wiederwahl hat.

“America”, ein Song über den amerikanischen Imperialismus, ist wohl der interessanteste ihres neuen Albums. “Du hast Körper zum Dienen, Unterwerfen und Erniedrigen gefunden, als du erobertest, Amerika”, heißt es da mit unüberhörbar aktueller Note, auch wenn der Song eine lebendige musikalische Reise in die Vergangenheit der ersten Einwanderer antritt.

Auch “Change”, als Singleauskopplung mit Red-Hot-Chili-Peppers-Bassist Flea eingespielt, gibt sich locker-rockig mit existentiellem Text: “Wenn du wüßtest, daß du heute stirbst, würdest du dich ändern? Wie schlecht, wie gut muß es erst kommen?” fragt Tracy Chapman.

Das restliche Programm neuer Songs ist so ruhig, daß das Publikum jubelt, als Chapman von Akustik- auf E-Gitarre umsteigt, um alte Hits wie “Talking About A Revolution” und “Fast Car” zu spielen – ein Pflichtakt. Aber für “Baby Can I Hold You” gibt es Wunderkerzen.

Nach bereits anderthalb Stunden beendet die einstige Ikone eines neuen politischen Bewußtseins ihr Konzert. Über Trostlosigkeit im Alltag und die Kehrseiten des american dream singt die Folk-Revoluzzerin auch achtzehn Jahre nach ihrer “Human Rights Tour” für Amnesty International nur eben noch ruhiger als sonst.

Neue Fans wird sie damit in einer Generation von Black-Eyed-Peas- und Alicia-Keys-Hörern wohl kaum anziehen. Die alten aber sind beruhigt.

Immerhin, Tracy.

  • Strahlen im dunklen Glanz – By: RALF DORSCHEL, Hamburger Morgenpost, 19. Juni 2006

In den Knien sanft wippen, und der Kopf pendelt von links nach rechts: Dieses gemähliche Wiegen ist als typische Körperhaltung für ein Tracy-Chapman-Konzert über lange Jahre erprobt. Aber was tun, wenn die Sängerin musikalisch aufrüstet, sich einen neuen Sound verpasst? Erdig klang der und blueslastig, ein Gemisch aus rumpelndem Schlagzeug und markanten Gitarren, wie es auch schon Joan Baez neue Fans bescherte.

Was Tracy Chapman mit drei Musikern vor 4000 Fans auf die Stadtpark-Bühne brachte, verblüffte denn auch manchen Langzeit-Fan. “Subcity”, “Mountains O’Things”, und das finale “America” erstrahlten im dunklen Glanz, oft gekonnt verzerrt. Mochte man noch staunen über die Soul-Shouterin in “I Can’t Stand The Rain”, kam man ins Rocken und Rollen bei den gemeinsamen Jam-Sessions mit dem Tom-Waits-Gitarristen Joe Gore zu “Telling Stories” und “Give Me One Reason”.

Tracy Chapman rührt nicht zu Tränen, verbreitet selten Ekstase. Aber wenn es darum geht, vertraute Songs frisch aufzubereiten, war dieses Konzert erste Wahl. Und es blieb Platz für Kompromisse: “Fast Car” und “Talking `Bout A Revolution” klangen genauso, wie treue Fans es kennen und lieben.

Die wurden vor dem Konzert auf eine harte Probe gestellt: Auf Drängen des Managements mussten Foto-Handys abgegeben werden – endlose Schlangen beim Einlass waren die Folge. “Geld ist nur Papier” sang Chapman später – und ließ den Fans zugleich das Erinnerungsfoto vermasseln. Wo ein durchgeknalltes Management schon Handys als Bedrohung aller Besitzstände sieht, wird auch die Glaubwürdigkeit einer sich volksnah gebenden Sängerin auf eine harte Probe gestellt.

Ressort: kultur

FAN REVIEW

  • Juri Morasch: One reason to stay here? – Tracy Chapman im Hamburger Stadtpark, Hamburg, 16. Juni 2006

Tracy Chapman. Eigentlich genügt dieser Name schon. Im Grunde ist doch alles gesagt. Kennen oder Kennenlernen! Wozu die alten Schubladen noch mal quietschen lassen? Klar Folk, klar damals ´88 für Mandela gesungen, yes sozialkritisch, qui spirituell, klar Gänsehaut, klar klar.
Tracy Chapman – sie kommt in Wohlfühljeans und Hoody unter der senfbraunen Lederjacke auf die Freilichtbühne im Hamburger Stadtpark spaziert, mit der gleichen bewussten, natürlichen Bescheidenheit, mit der wohl einst Jesus auf dem Esel nach Jerusalem eingezogen ist. Understatement? – Wohl kaum. Sie weiß was sie will, muss niemandem etwas beweisen, strahlt Selbstbewusstsein aus, macht ihr Ding. Sie lächelt und tatsächlich: Sobald sie am Mikrofon angelangt ist, ertönt ein berauschendes und ach so vertrautes „Halleluja“ – genauer gesagt Say Halleluja. Sie will nicht geehrt werden, sie will beehren und sowohl das Publikum als auch der Allmächtige zeigen sich beehrt. Und es hörte auf zu regnen und die Menschen frohlockten.
Okay, das Publikum hätte wohl auch bei einem einfachen „Hello“ gejubelt, und es hatte ein wenig vorher schon aufgehört zu regnen als ein schüchtern verlegener, aber gerade dadurch irgendwie sympathischer Sänger, namens Ben Taylor ganz alleine mit angenehmen Gitarrengeplänkel, Gesang und Bemerkungen über das Wetter eine entspannte Grundstimmung lieferte um das Wort zu empfangen.
Nach Say Halleluja folgt mit Mountains O’things eine Warnung vor der Kapitalismusfalle und kaum ist das Lied vorbei kommt auch die Absage an einen ihrer prominentesten Vertreter. „Do you have a president?“ fragt die Frau aus Cleveland/Ohio im amerikanischen Corn Belts und will sagen „Man habt ihr’s gut – wir nicht.“
Mit einer Mundharmonika ergänzt sie in Subcity ihre ehrliche Wertschätzung des Präsidenten (auf Crossroads von 1989; war also ursprünglich eher wohl eher Reagan als Bush gemeint), für sein Talent zur Geringschätzung. Spätestens bei Never Yours, dem ersten Lied vom aktuellen Album Where You Live, ihrem 7. Studioalbum, fühlt sich jeder in der bunt gemischten Menge wohl in seiner Gänsehaut. Tracy vereint sie alle, von 18-jährigen Mädels mit roten Dreads und bis hin zu 40-jährigen brünetten Müttern, die auch mit 18 schon keine Dreads hatten. Jedem, vom Tellerwäscher bis hin zum Millionär, zeigt sie die Kehrseite des amerikanischen Traumes auf:

“Money’s only paper only ink We’ll destroy ourselves if we can’t agree How the world turns
Who made the sun
Who owns the sea
The world we know will fall piece by piece.”

Um die nachdenkliche Stimmung etwas aufzulockern, knüpft sie an die Entertainment-Strategie ihres Supports Taylor an und scherzt, „It was warm here when we arrived. I hope we didn’t bring the rain“. Dann überrascht sie doch noch mit einem kleinen musikalischen Pamphlet gegen das Sauwetter auf einem pumpenden, fast hiphopen Beat. Nach Talk To You, wieder einem Song von dem eher ruhigen neuen Album, darf die Band doch noch mal zeigen zu was sie fähig ist. Man kann sich vorstellen wie groß die Freude bei Kiki Epson am Keyboard, Joe Gore an Keyboard und Bass und Quinn an den Drums war, bei einer so stimmgewaltigen Sängerin, die die Instrumente in ihren Songs stets eher sparsam und gezielt als Untermalung einsetzt, mal loslegen zu dürfen.
Talkin’ Bout A Revolution bringt das Entzücken des klatschenden Publikums zum Höhepunkt und America, für das Tracy ihre helle Gitarre für eine dunkle Bass und je einer Trommel auf jeder Seite eintauscht, bildet einen, auf Tracys charmant bescheidene Weise, sehr fulminanten Abschluss: Ihr Schatten springt im Takt zum Trommeln hinter ihr auf der weißen Leinwand hin und her. Er scheint auf „Break it down!“ zu hören. Frau Chapman spielt abwechselnd Gitarre und Trommel, hatte im Laufe des Konzerts auch schon eine Mundharmonika im Mund und eine Laute in der Hand gehabt und dabei die meiste Zeit gesungen, ergo eineinhalb Stunden gute Musik geliefert. Sie gehört eindeutig zu den Künstlern, bei denen man live nicht enttäuscht wird. Das Konzert in relativ kleiner Runde hätte wohl auch auf CD aufgenommen werden können. „Thank you for coming tonight!” – und sie ist so schnell weg, wie sie gekommen ist. Nachdem sich das Publikum einige Minuten lang ausgetobt hat, kommt sie wieder und spielt Come As You Are von Nirvana und Baby Can I Hold You von ihrem selbstbenannten Debut-Album von 1988. Das sind 18 Jahre Tracy Chapman. Wir wünschen uns mehr davon.

PREVIEW

  • Tracy Chapman – Open Air 2006 – By: NDR2

Tracy Chapman gilt als eine der bedeutendsten Songwriterinnen. Für ihre meist sparsam instrumentierten Stücke erhielt sie zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Seit ihrer Kindheit singt sie sozialkritische Songs, in denen es um die Trostlosigkeit des Alltags, soziale Probleme und die Kehrseite des “American Dream” geht. Natürlich hat sie den Folk nicht neu erfunden – aber die emotionale Art, wie sie ihn präsentiert, war und ist außergewöhnlich.

Bekannt wurde sie durch ihren Auftritt beim Nelson-Mandela-Tribute-Konzert (zum 70. Geburtstag des südafrikanischen Freiheitskämpfers, damals noch inhaftiert) 1988 im Wembley-Stadion in London. Da Stevie Wonder wegen eines abhanden gekommenen Computerprogramms seinen Auftritt abbrechen musste, ging sie spontan ein zweites Mal auf die Bühne und trug als Pausenfüller solo mit der akustischen Gitarre einige Lieder aus ihrem selbst betitelten Debütalbum vor.

Im selben Jahr ging sie mit Peter Gabriel, Bruce Springsteen, Sting und Youssou N’Dour auf eine Human Rights Now! World Tour für Amnesty International. Ihr wohl bekanntestes Lied ist “Talkin’ bout A Revolution” aus ihrem ersten Album, das mehrfach mit Platin ausgezeichnet wurde. Im letzten Jahr erschien ihr mittlerweile siebentes Studio-Album “Where You Live”, mit dem sie auf Welttournee ging. In diesem Jahr kommt sie für ein einziges Open Air in den Norden – präsentiert von NDR

VENUE: Stadtpark, Saarlandstrasse / Ecke Jahnring 22303 Hamburg – Germany (Capacity: 4 000)
OPENING ACT
: Ben Taylor

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