2005 – Where You Live Tour – November 20, 2005, Leipzig, Haus Auensee

REVIEW

  • Warten auf die Zündung – By: Sebastian Feuß, Leipziger Volkszeitung vom Montag, 21. November 2005

Sonntagabend, neun Uhr, Haus Auensee. Laute Pfiffe, böse Buh-Rufe in Richtung einer leeren Bühne. Kann das sein? Begrüßt man so eine der bedeutendsten Songwriterinnen der letzten beiden Jahrzehnte, deren erster Auftritt in Leipzig binnen kurzer Zeit ausverkauft war, und die somit eigentlich eine treue, ihr wohl gesonnene Fangemeinde hinter sich wissen müsste?

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Gut, Tracy Chapman lässt ihr Publikum ein wenig warten. Aber das ist ein Ritual bei Konzertabenden wie diesem: Der Künstler will herausgeklatscht werden, sein Adrenalinpegel muss steigen, damit der Gig von Beginn an zünden kann.

Das ist an diesem Abend nicht der Fall. Die 41-jährige Amerikanerin aus Cleveland, Ohio, muss sich die Gunst ihres Publikums hart erarbeiten. Zwar wendet sich die Stimmung leicht, als sie die Bühne um sieben nach neun – und damit fünf Minuten über der Leipziger Pünktlichkeitstoleranzgrenze – die Bühne betritt. Aber es dauert gut bis zur Hälfte des Abends, bis die Chemie richtig stimmt, bis der berühmte Funke auch in die hinteren Reihen überspringt.

Sicherlich liegt das nicht zuletzt an der Setlist für die ersten 45 Minuten. Zu viele Songs, die besser in eine zweite Hälfte gepasst hätten, wenn die Feuerzeuge ausgepackt werden und das Publikum die Klassiker hören will. Doch an diesem Abend steht einer der Chapman-Evergreens überhaupt gleich an zweiter Stelle: “Baby can I hold you tonight” von ihrem Erstling aus dem Jahr 1988, mit dem sie den kommerziellen Durchbruch schaffte.

Natürlich ist hier schon das Markenzeichen der US-Sängerin, ihre dunkle, gutturale Stimme hörbar, die einen immer irgendwie erfasst. Live besonders. Aber Chapman trägt den Song routiniert vor – nicht mehr. Es fehlen Emotionalität, das Authentische. Sehr früh sei sie am Morgen in Leipzig angekommen, sagt sie danach in einer ihrer wenigen Ansagen. Als Entschuldigung überzeugt das nicht.

Lange dauert’s, bis Tracy Chapman, Gitarrist Joe Gore sowie Schlagzeuger Quinn das Publikum voll auf ihrer Seite haben. Bis zum sozialkritischen Klassiker “Subcity”, dem Pärchen-Song “Save a Place for me” und “Talkin ‘Bout a Revolution” dauert es. Dann wird das Konzert doch noch emotional und authentisch. So, wie man es von einer Tracy Chapman von Beginn an erwartet hätte.

VENUE: Haus Auensee, Gustav-Esche-Straße 4, 04159 Leipzig – Germany (Capacity: 2 800)
PROMOTER: DieVeranstalter
OPENING ACT: Cherif Mbaw

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