2003 – Let It Rain Tour – February 28, Berlin, Arena

REVIEWS

  • Einfach gut: Folksängerin Tracy Chapman begeisterte 7500 Fans – By: GUNNAR LEUE, ostsee-zeitung.de, 2. März 2003

Berlin (OZ) Tracy-Chapman-Fans sind extrem treu. Obwohl die schwarze Folkpop-Sängerin derzeit nicht unbedingt große mediale Beachtung finden, war ihr Auftritt in der 7500 Zuschauer fassenden Berliner Arena völlig ausverkauft.

Vor 15 Jahren war die heute 38-Jährige Amerikanerin mit einem Schlag ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit getreten. Beim Tribute-Konzert für den damals noch inhaftierten Nelson Mandela im Londoner Wembley-Stadion beeindruckte sie mit ihrem einfachen Gitarrenspiel und ihrer unverwechselbaren Stimme. Quasi über Nacht wurde sie ein Weltstar. Kritiker und Publikum entdeckten in ihr eine Renaissance der Singer/Songwriter-Tradition, für die Bob Dylan oder Joni Mitchell in den 60-ern standen.

Tracy Chapmans Alben mit ihrem karg arrangierten Folkrock verkauften sich bis heute über 34 Millionen Mal, da es ihnen nicht an Hits mangelte. „Talkin’ Bout A Revolution“, „Fast Car“, „Baby, Can I Hold You“ oder „Telling Stories“ sang sie ebenso im Konzert wie Songs ihres sechsten Albums „Let It Rain“ – ohne Schnickschnack und Showgebaren. Und dafür bejubelte das Publikum die Künstlerin, schließlich war man nicht gekommen, um den Superstar von der Stange zu suchen. Die Fans wussten genau, was sie erwartete: im guten Wortsinne schlichter Folkpop mit ernsthaften Texten, zum Beispiel über die Kehrseite des amerikanischen Traums. Zur Berieselung der Hörer taugen Chapmans von allem Beiwerk befreiten Songs freilich nicht.

Mit den Zugaben-Coversongs „Stand Up“ von Bob Marley und „Knockin On Heavens Door“ von Bob Dylan – den sie als ihr Statement für den Frieden ankündigte – beendete die Sängerin einen imposanten Auftritt, der übrigens auch belegte, dass so genannte ehrliche Songkunst immer noch viel mehr Leute anspricht, als die Strategen in der Musikindustrie glauben.

  • Leute, macht Licht an! – By: H.P. Daniels, Tagesspiegel, 02.03.2003

Tracy Chapman wählt ihre Vorprogramme selbst aus. Pepe & Cheikh sind ein angenehmes Duo aus Senegal mit akustischen Gitarren und schönen Stimmen. So etwas wie afrikanische Simon & Garfunkel. Anregungen von Singer-Songwritern haben sie mit ihrer eigenen heimatlichen Melodik und (Poly-)Rhythmik verschmolzen. Das gefällt auch den Fans von Tracy in der ausverkauften Arena. Pause. Licht aus. Über der Bühne funkeln Glitzerstreifen wie illuminierte Fliegenfänger. Einhuschen der Akteure zu Lampengefunzel. „In The Dark“ beginnt mit Tracys Stimme, entfremdend vocodert. Nur kurz, gottlob, dann wieder ihr tiefer, warmer Alt in seiner betörenden Natürlichkeit. Schön hört sie sich an. Und schön sieht die 39-Jährige aus, wie sie sich anmutig sparsam bewegt mit der kleinen Akustikgitarre, ihren kunstvoll geflochtenen Zöpfen. Schwarzes Hemd, weite Jeans. „Leave us innocent/of the things some do in the dark.“ Und es wird hell auf der Bühne: dezente vertikale Lichtstreifen auf der weißen Wand im Hintergrund. Ein paar alte Songs. Großer Jubel. Und ein paar neue. Neuer Jubel. Ihre Fans lieben Tracy bedingungslos. Jüngere und Ältere. Frauen und Männer. Schwarze und Weiße. Die Band spielt kompetent, zurückhaltend. Percussions, Bass, Drums, Tasten und ein elektrischer Gitarrist mit ein paar schönen Solos. Tracy spielt ektrisierend und ohne falsches Getue. Melodischer Folkpop, Gospel, Reggae, stille Balladen und heftig rockender Rhythm and Blues. Nicht dieser Weichkäse, der neuerdings als „R&B“ vermarktet wird. Diese zauberhafte Stimme kommt ohne Posen aus, ohne bebendes Tremolo, ohne Angeberei. Und schließlich, for everyone, who stands for peace: Bob Marleys „Get Up, Stand Up“.

PREVIEWS

  • Plötzlich gefragt – By: Harald Peters, berlinonline.de, 27.02.2003

Überraschung: Tracy Chapman füllt völlig unerwartet die Arena

Der Erfolg kam unerwartet und schnell. Im Jahre 1988, als Benefizkonzerte noch der letzte Schrei waren, wurde auch Tracy Chapman zu Nelson Mandelas Geburtstagskonzert ins Londoner Wembley Stadion geladen. Nelson Mandela wurde damals 70 und saß noch in Haft, Tracy Chapman hatte gerade ihr erstes Album veröffentlicht und war völlig unbekannt. Folglich zwängte man sie als Pausenfüllerin zwischen die Showgrößen. Allein mit ihrer Gitarre sang sie Lieder wie “Talkin Bout A Revolution” und “Fast Car”. Und sie sang mit solch einer Intensität, dass die Showgrößen dabei zur Nebensache gerieten. Tracy Chapman blieb seitdem als Überraschung in Erinnerung.

Für ihre späteren Werke mochten sich allerdings nur noch wenige begeistern. Als wäre die Zeit stehen geblieben, gilt Tracy Chapman noch heute als die Protestsängerin von damals, obwohl sie längst mehr zu bieten hat. Zwar wurde sie auf ihren introvertierten Alben zunehmend spiritueller, um sich mit Dingen wie Seele, Liebe, Kosmos und Gott zu beschäftigen, aber dem freundlichen Folkpop blieb sie weitgehend treu.

Interessant ist, dass sich weder der spirituelle Folkpop noch die Protestsingerei, mit der man Tracy Chapman gern in Verbindung bringt, in letzter Zeit eines erwähnenswerten Popularitätsschubs erfreute – und Tracy Chapman dennoch plötzlich gefragt ist, wie seit Jahren nicht mehr. Bei ihrem letzten Berliner Konzert wurden 1 500 Karten verkauft. Nun sind es 6 000 Karten mehr. Tracy Chapman überrascht also wieder – diesmal mit einer ausverkauften Arena.

Tracy Chapman am Freitag, 20 Uhr, Arena.

  • Traurige Folk-Frau, Tracy Chapman in der Arena, 28. Februar – By: Morgenpost, 28.02.2003

Ihren Durchbruch verdankte Tracy Chapman einem Computerproblem. 1988 war das, bei dem riesigen Solidaritätskonzert zu Nelson Mandelas 70. Geburtstag. Irgendjemand hatte Stevie Wonder die Sound-Disketten geklaut, und um die peinliche Konzertpause im Wembley-Stadion zu überbrücken, schob man die kleine schmächtige Dame mit der akustischen Gitarre auf die Bühne. Die Fernsehzuschauer weltweit waren verblüfft: Da traute sich ein Mädchen doch glatt, noch einmal die alte Bob-Dylan-Nummer abzuziehen, ohne Netz und doppelten Boden, dafür mit sozialkritischen Texten und jeder Menge Betroffenheit in der kehligen Alt-Stimme. Zehn Millionen mal ging Chapmans Debüt-Platte mit Hits wie “Fast Car” oder “Talkin” Bout a Revolution” im Folgenden über die Ladentische. Wahnsinn. In den Neunzigerjahren, dem Spaßjahrzehnt, wurde es ruhig um die 1964 in Cleveland geborene Liedermacherin. Passend zur jetzigen Krisenzeit ist sie wieder da mit ihren traurigen Kehrreimen. Ihr sechstes Album, 2002 veröffentlicht, heißt “Let It Rain”. Support-Act heute sind Pape & Cheikh aus dem Senegal.

Arena, 20 Uhr, Tel.: 61 10 13 13

VENUE: Arena, Eichenstraße 4, 12435 Berlin, Germany (Capacity: 7500)
PROMOTER: MCT Konzertagentur GMBH
OPENING ACT: Pape & Cheikh

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