2003 – Let It Rain Tour – February 17, Hamburg, CCH1

SETLIST

Set 1:
1. In the Dark
2. Across the Lines
3. Say Hallelujah
4. Baby Can I Hold You
5. Another Sun
6. Crossroads
7. Behind the Wall
8. The Promise
9. Hard Wired
10. Fast Car
11. You’re the One
12. Talkin’ ’bout a Revolution
13. She’s Got Her Ticket
14. Telling Stories
15. Give Me One Reason

Encore 1: 
16. Knocking On Heaven’s Door
17. Get Up Stand Up

REVIEWS

  • … Folk-Sonne scheint kräftig – By: Daniela Schmitz, rhein-zeitung.de, 19.02.2003

Nur so konnten die gefühlvolle Stimme der Songwriterin ungestört wirken und ihre sozialkritischen Texte die Zuhörer erreichen. In Jeans, schwarzer Bluse und mit zurückgebundenen Haaren betrat Chapman die Bühne und legte mit “In The Dark” vor. Unterstützt von Schlagzeug, Bass, Percussion und Keyboards bot sie ihren Fans noch weitere 18 Hits – bunt zusammen gewürfelt aus “Let It Rain” (2002), “Telling Stories” (2000), “New Beginnings” (1995), “Crossroads” (1989) und “Tracy Chapman” (1988).

Feuerzeuge begleiten “TalkinAbout Revolution”

Spätestens bei “Baby, Can I hold You” und “TalkinAbout Revolution” erstrahlte der dunkle Kongresssaal im Feuerzeuglicht, textsichere Fans unterstützten die Sängerin tatkräftig. Dennoch musste die Sängerin das Hamburger Publikum noch einmal zu mehr Begeisterung auffordern: Erst beim rockigen Aufruf Tracys “Give me one reason to stay” erhoben sich dann fast alle Besucher von ihren Stühlen, tanzten und klatschten mit.

“Stand Up” – Song für den Frieden musste sein

Von der im Herbst veröffentlichten Platte spielte die schwarze Interpretin nur fünf von zwölf melancholischen Balladen. Die Single “Let it Rain” blieb sie ihren Fans schuldig. Thematisch behandelten ihre Lieder oft eine Trostlosigkeit des Alltags und die Kehrseite des “American Dream”. Angesichts eines drohenden Irak-Krieges ließ es sich Chapman nicht nehmen, mit “Stand Up” einen Song für den Frieden zu singen. “Dies ist ein Song für jeden, der für den Frieden eintritt”, betonte die 38-Jährige. Nach dem 17. Lied ging das Licht vorläufig aus. Doch die Folksängerin ließ sich nicht lange bitten und gab zwei Zugaben, darunter auch “Knockinon heavens door” von Chapmans großem Vorbild Bob Dylan.

Weitere Tourstationen: Düsseldorf (18.2.), Stuttgart (25.2.) Frankfurt (27.2.) und Berlin (28.2.).

  • Die amerikanische Träumerin – By: Stefan Krulle, Die Welt, 19.02.2003

Gospelsongs fürs neue Jahrhundert: Tracy Chapmans faszinierendes Konzert im CCH

Der Tod steht schon beim ersten Song mit auf der Bühne, und er wird auch erst gehen, wenn Tracy Chapman gegangen ist. Der Tod ist aber kein so übler Gesell, wenn man erstmal mit ihm gepokert hat. Dann ist er manchmal gnädig und hält nur Wacht im Off. Bloß verscherzen darf man es sich nie mit ihm.

Noch öfter als vom Tod ist von amerikanischen Träumen die Rede. Anders als Hollywood aber, oder gar der Durchschnittsbürger, geschweige denn ein simpler Präsident, träumt Tracy Chapman über den Augenblick hinaus und verliert dann jeden Hang zu Verklärung und Romantik. Deshalb nehmen ihre Träume beinahe nie ein gutes Ende. Eher sterben sie in den Hinterhöfen, hinterrücks gemeuchelt von den goldenen Kälbern Amerikas, die ja leider weit gehend auch die Unseren sind.

Man sitzt also nicht eben entspannt wie zum Chill-out im Sessel, wo Tracy Chapman mit grandios feinsplittriger Stimme ihre Lieder singt. Lieber nicht die Jacke abgeben, vielleicht muss geflohen werden. Dabei bleibt der einzige Vorwurf, den man Tracy machen kann, ihre unbeirrbare Sanftmut, ihre Scheu vor jedem Krach und Klamauk. Wie Kaffee unter Omas Wärmehaube hält sich das urtümliche und fantastische Gebräu wohl temperiert, wo es doch ab und an ganz nett sein könnte, wenn erst der Deckel klapperte und dann die ganze Kanne vom Tisch fiele. Sofort schmissen wir die Jacken in die Höhe und tanzten ganz weit vorn.

Wird aber nichts draus. Stattdessen tupft sie die Preziosen ihres herrlichen neuen Albums „Let It Rain” mit ängstlichem Pinsel wie dekorative Kleckse ins Geschehen, wo doch „Say Halleluja”, „You’re The One” und zuvorderst ihr schönster Song bisher, das fulminante „Another Sun”, ohne jede Konkurrenz sind und bereits jetzt ein Eigenleben entwickelt haben. Wie ein Gospel des 21. Jahrhunderts, den sonst bestenfalls Nick Cave noch im Repertoire führt, klingt „Another Sun”: erdfarben, duftend nach Leidenschaft, glühend wie die Sonne. Aber in der Kurzversion scheinen die Lieder keinen Atem zu haben und beginnen schon mit der Ahnung von ihrem Ende.

Die Liebe indes zu jener kleinen starken Person, zu ihrem raren Lächeln und den kleinen Männerposen, als sie sich endlich die E-Gitarre umhängt, sie vergeht einfach nicht. Mögen ihre exzellenten Begleiter auch dann und wann im gebremsten Schaum nach Atem ringen, nie wird das klug erdachte und nur zuweilen unklug inszenierte Schauspiel sentimental oder pädagogisch. Allein, dass kaum jemand hier alleine sitzt und auch nicht unumarmt, hat gute Gründe. So einsam wie mit Tracy Chapman von Angesicht zu Angesicht fühlt man sich sonst nur manchmal vor dem Spiegel in Hotels sehr fremder Städte.

Der Tod macht gerade Zigarettenpause, und auf einmal, halt, eigentlich doch eher so ganz allmählich, aber schneller als bisher, schlüpfen Band und Vokalistin aus der Eierschale und befeuern den träge durch Amerikas green green grass of home schnaufenden Zug, als träume das ganze Team schon ewig davon, beim Last Waltz von The Band dabei gewesen zu sein. Jetzt wird nachgeholt, jetzt zieht der Drummer sich das Kissen unterm Hintern weg, schließt Tracy die Stromgitarre an, sitzen zwei Percussionisten auf Holzkisten, die ihnen das Schlagwerk ersetzen, steht einer am Kontrabass. Gleich wird es jenen Hit zu hören geben, der 1988 schon zu Schluckbeschwerden führte und dies bis dato vermag: „Talkin’ ’bout A Revolution”. Danach lässt sie „Another Sun” scheinen, dann kommt ein Reggae und „Give Me One Reason”. Spät – zu spät nur deshalb nicht, weil ihr Auditorium in Treue und Liebe zu Tracy Chapman hält.

Wir wären ihr nach dem Konzert gern noch gefolgt. In eine dunkle, rauchige Kaschemme, wo sie mit dem Tod, dem Teufel und dem Harlekin wieder mal ihren Mut verspielt und nur ihre Lieder und Träume mit nach Hause nimmt.

  • Mehr als 5000 Fans bei Auftaktkonzert von Tracy Chapman in Hamburg – By: Morgen Post, 18.02.2003

Hamburg (dpa) – Mehr als 5000 Menschen haben am Abend die afroamerikanische Folksängerin Tracy Chapman im Congress Centrum Hamburg gefeiert. Beim Auftaktkonzert ihrer Deutschlandtournee begeisterte die 38-Jährige ihr Publikum sowohl mit Songs des neuen Albums “Let it Rain” als auch mit Klassikern. Dabei kam die Künstlerin ohne aufwendige Bühnenshow und Technik aus, begeisterte einzig mit ihrer gefühlvollen Stimme. Chapman führt ihre “Let it Rain Tour 2003” noch nach Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und Berlin.

  • Die Expertin für Trotz und Tristesse – By: Stefan Hentz, Die Welt, February 14, 2003

Tracy Chapman konzertiert am Montag mit neuen Songs im Congress Centrum

Als Stevie Wonder am 11. Juni 1988 im Wembleystadion einen Speicherchip seiner Keyboards vermisste und an seiner Stelle eine Frau auf die Bühne geschoben wurde, die nur mit ihren Songs und ihrer Gitarre zum Geburtstag Nelson Mandelas ihr Ständchen spielte, war Tracy Chapman plötzlich zum Weltstar geworden. Doch mit diesem Status war sie nicht zufrieden. Bald kehrte sie dem Trubel den Rücken und meldete sich nur noch in weiten Abständen mit neuen Produktionen zurück. Im Herbst erschien „Let It Rain”, das siebte Album der Sängerin, die am 17. Februar um 20 Uhr im CCH spielt. Für die WELT sprach Stefan Hentz mit Tracy Chapman.

DIE WELT: Sie gelten als Fachkraft für Trotz, Trauerbewältigung und Tristesse. Auch auf „Let It Rain” dominieren die dunkleren Stimmungen.

Tracy Chapman: Oftmals sind traurige die besseren Songs. Es ist so schwer, richtig gute, fröhliche Songs zu schreiben. Was ich interessant finde an Beziehungen und der Art, in der wir in der Welt leben und arbeiten, ist die Anspannung, der Kampf, sind die Schwierigkeiten. Ich versuche nicht bewusst, an diese Stellen zu kommen, aber mir stellen sich Fragen. Wenn ich schon eine Lösung hätte, würde es mich nicht reizen, darüber zu schreiben.

DIE WELT: Vor allem die süße Melancholie der Vergänglichkeit scheint Sie sehr zu faszinieren?

Chapman: Die Dinge bewegen sich im Kreis, alles verändert sich ständig. Wir können allenfalls versuchen, uns auf den Wandel vorzubereiten, darum geht es zum Beispiel in dem song Let It Rain. Es ist wie mit dem Wetter, wir lieben und hassen den Regen, aber wir können ihn nicht kontrollieren, und wir können nicht ohne ihn leben.

DIE WELT: Sie betonten früher, wie sehr sie unter dem Erfolg, dem Verlust von Anonymität und Bewegungsfreiheit litten. Trotzdem drängt es sie immer wieder ins Rampenlicht.

Chapman: Ich bin heute glücklicher damit. Für mich ist es wichtig, ein Gleichgewicht zwischen meinem persönlichen und meinem Arbeitsleben zu finden.

DIE WELT: Von Anfang an haben Sie sich in Ihren Songs deutlich politisch positioniert. Ist Ihnen Überzeugungsarbeit wichtig?

Chapman: Ich hatte nie vor, den Leuten mit meinen Songs zu predigen. Aber Musik ist ein sehr starkes Kommunikationsmittel. Mit Musik kannst du viel mehr ausdrücken. Und dein Publikum viel tiefer berühren. Jede Kultur kennt Musik, Tanz und Storytelling als Mittel, um zu belehren, zu unterhalten, zu trösten und Lebensfreude zu vermitteln. Musik hat die Kraft, Gemeinschaft zu stiften.

DIE WELT: Auf Ihrem neuen Album gibt es sehr viele religiöse Anspielungen oder Motive. Sind Sie religiös geworden?

Chapman: Ich bin nicht religiös. Ich glaube, ich wurde als Baptistin getauft, ich weiß es nicht genau. Mein Großvater war Priester. Als Kind ging ich manchmal in die Kirche, und später war ich auf einer konfessionellen High School. Aber ich interessiere mich sehr für Religionen. Jede Kultur hat irgendeine Form von geistlicher Praxis und eine Vorstellung von Gott, die fast alles prägt, was die Menschen tun. Das möchte ich verstehen.

DIE WELT: Jenseits dieses theoretischen Interesses an Religion klingt doch so einiges auf dem Album sehr religiös beseelt.

Chapman: Es gibt einige Songs, die empfinde ich als eine Art Gebet, ohne dass mir das beim Schreiben bewusst war. Dann gibt es Songs, in denen Personen vorkommen, die glauben und mit dem Glauben zu kämpfen haben. Religion gibt uns einen Kompass, und dann wieder ringen wir mit der Bedeutungslosigkeit des Staubs, weil wir es nicht akzeptieren können, nicht zu wissen, was uns erwartet.

Tracy Chapman sagt über ihr neues Album „Let It Rain”: „Wir lieben und hassen den Regen, aber wir können ihn nicht kontrollieren und nicht ohne ihn leben.”

  • “Say Hallelujah” – zum Augenschließen schön Tracy Chapman im CCH – By: abendblatt, 19. Feb 2003

Hamburg – Schön. Ganz einfach schön. Tracy Chapman hat keine aufwendige Bühnenshow nötig, kein sexy Outfit, nicht einmal besonders provokante Texte. Sie braucht nur ihre Gitarre und ihre souveräne tiefe Stimme, um für ein einmaliges Konzert zu sorgen. Zugegeben, außer ihr haben im CCH zum Auftakt ihrer Deutschland-Tour auch die fünfköpfige Band und die Backgroundsängerin einiges zum Gelingen des Abends beigetragen. Aber, wir bleiben dabei, ohne Verstärkung wärs auch gegangen. Denn so schüchtern, so sanft diese kleine Person mit den im Nacken zusammengehaltenen Dreadlocks zwischen ihren Songs auch wirkt – sobald sie in die ersten Töne eintaucht, trägt ihre spröde, kraftvolle Stimme den gesamten Raum. Zurücklehnen, Augen schließen. Den furchtbaren CCH-Teppich vergessen. Und einfach nur zuhören. Zuhören macht schon deshalb Sinn, weil Tracy Chapman sich nicht mit dem üblichen I-love-you-you-love-me-Schmus begnügt und dazu ein paar hübsche Melodien herunterklimpert. “Telling Stories” nannte sie ihr vorletztes Album, und daran hält sich die studierte Ethnologin. Sie erzählt Geschichten und erinnert an Wahrheiten. “Ich möchte darüber singen, wie Regierungen und Präsidenten ihr Volk ignorieren”, merkt sie, die schon als “schwarze Joan Baez” bezeichnet wurde, wie nebenbei an und stellt schnörkellose, gospelige Titel wie “Say Hallelujah” aus dem aktuellen Studioalbum “Let it Rain” ebenso in diesen Kontext wie “Revolution” oder “Across the lines”. Wie gesagt: zum Augenschließen schön, zum Hinhören gut. msch

VENUE: CCH-Congress Centrum Hamburg, Am Dammtor / Marseiller Straße 20355 Hamburg, Germany (Capacity: 5000)
PROMOTER: MCT Konzertagentur GMBH
OPENING ACT: Pape & Cheikh

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